Der Untere Inn ist mit seinen einzigartigen Lebensräumen und Arten ein Juwel des Naturschutzes.
Zahlreiche, zum Teil seltene oder bedrohte Tier-, Pflanzen- und Pilzarten finden am Unteren Inn einzigartige Lebensräume vor. Von der Salzachmündung flussabwärts gibt es am Unteren Inn insgesamt acht verschiedene Schutzgebiete in Bayern und Oberösterreich – das macht die Bedeutung des Gebiets für den Naturschutz bereits deutlich.
Natura 2000 ist ein europäisches Schutzgebietsnetz. Es beruht auf der Flora-Fauna-Habitat-(FFH-)Richtlinie und auf der Vogelschutzrichtlinie der Europäischen Union.
Der Untere Inn ist mit insgesamt vier solcher Schutzgebiete ein wichtiger Bestandteil dieses Netzwerks – je zwei Natura-2000-Gebiete befinden sich auf bayerischer und oberösterreichischer Seite.
Ebenfalls auf bayerischer und oberösterreichischer Seite gibt es Naturschutzgebiete nach nationalem bzw. Landesrecht. Diese Gebiete unterliegen einem strengen Schutz – hier darf sich die Natur weitgehend ungestört von menschlichen Einflüssen entwickeln.
Die Ramsar-Konvention ist ein internationales Übereinkommen zum Schutz von Feuchtgebieten, die internationale Bedeutung insbesondere für Wasser- und Watvögel besitzen. Die Deklaration als Ramsar-Gebiet ist daher eine besondere Auszeichnung.
Die weitläufigen Wasserflächen am Unteren Inn sind sowohl auf bayerischer als auch auf oberösterreichischer Seite als Ramsar-Gebiet anerkannt.
1979, also noch vor Einführung des Natura-2000-Netzwerks und vor dem Beitritt Österreichs zur EG, wurde dem Gebiet als erstes grenzübergreifendes Schutzgebiet in der EG vom Europarat der Titel Europareservat Unterer Inn verliehen. Es erstreckt sich über 55 Flusskilometer am Unteren Inn von der Salzachmündung bis zur Mündung der Rott bei Neuhaus/Schärding. Das Prädikat „Europareservat Unterer Inn“ ist eine schöne Auszeichnung für dieses einzigartige Gebiet und kann als Überbegriff über die Schutzgebiete am Unteren Inn verstanden werden.
Gebietsbetreuung in Bayern
Besondere Gebiete verdienen eine besondere Betreuung: In den schönsten Naturlandschaften Bayerns kümmern sich Gebietsbetreuer*innen um Natur und Mensch.
Für das Ramsar-Gebiet Unterer Inn ist Andrea Bruckmeier als Gebietsbetreuerin zuständig. Träger ist der Landschaftspflegeverband Rottal-Inn.
Hier geht es zu den Gebietsbetreuern in Bayern: www.gebietsbetreuer.bayern
Gebietsbetreuung in Österreich
Um die Gebietsbetreuung am Unteren Inn auf österreichischer Seite kümmern sich im Auftrag des Amts der oberösterreichischen Landesregierung Dr. Gerald Zauner (zauner[at]ezb-fluss.at) und Thomas Herrmann (thomas.herrmann[at]landschaftundplan-passau.de).
Kaum ein Fleckchen Erde ist heute unbeeinflusst von uns Menschen. Auch am Unteren Inn sind die Eingriffe deutlich sichtbar: Der einstige Wildfluss Inn wurde seit dem 19. Jahrhundert systematisch in ein enges Korsett gezwängt, die Ufer verbaut, Staudämme errichtet. Die Folgen: Die natürliche Flussdynamik wurde vollkommen verändert, natürliche Lebensräume gingen verloren, Gewässerlebewesen können den Fluss nicht mehr ungehindert durchwandern.
Am Unteren Inn entstanden gerade durch den Anstau zwar einzigartige Lebensräume, die regional und international für die Artenvielfalt bedeutsam sind. Dennoch gibt es noch einiges zu tun, um den vom Menschen stark beeinträchtigten Bereichen wieder zu einem naturnäheren Zustand zu verhelfen. Diesen Prozess – die Wiederherstellung von naturnahen Lebensräumen – bezeichnet man als Renaturierung.
Im LIFE Natur-Projekt „LIFE Riverscape Lower Inn“ werden die Projektpartner in Bayern und Oberösterreich zwischen 2020 und 2028 zahlreiche Maßnahmen zur ökologischen Entwicklung der Flusslandschaft am Unteren Inn zwischen Braunau-Simbach und Schärding-Neuhaus umsetzen. Dazu gehören naturnahe Umgehungsgewässer an den Innkraftwerken Braunau-Simbach und Egglfing-Obernberg sowie weitere Umsetzungsschritte zur Schaffung von Gewässerlebensraum in den Kraftwerksbereichen der Innkraftwerke Ering-Frauenstein, Egglfing- Obernberg und Schärding-Neuhaus. Auf 40 Kilometern Länge werden zudem die Dämme von insgesamt vier Innkraftwerken durch gezielte Pflegemaßnahmen als Lebensraum für geschützte Pflanzen- und Tierarten optimiert und langfristig erhalten.
Weitere Maßnahmen in den ausgedämmten Auen sollen die naturschutzfachliche Qualität der Auwälder wesentlich verbessern und zusätzliche Lebensräume für Insekten, Vögel und Amphibien schaffen. Um die Flusslandschaft für die Bevölkerung besser erlebbar zu machen, ohne dabei die naturschutzfachlichen Ziele zu gefährden, wird in enger Abstimmung mit den Projektpartnern ein grenzüberschreitendes Besucherlenkungskonzept für das Europaschutzgebiet Unterer Inn entwickelt und umgesetzt.
Das Projekt wird vom Kraftwerksbetreiber VERBUND gemeinsam mit den Projektpartnern Regierung von Niederbayern als höhere Naturschutzbehörde, Abteilung Naturschutz des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung sowie den Landesfischereiverbänden von Oberösterreich und Bayern umgesetzt. Es wird durch das LIFE-Programm der Europäischen Union gefördert und dient der Erreichung wesentlicher Ziele der Fauna-Flora-Habitat- (FFH-) und Vogelschutzrichtlinie im Rahmen des europäischen Natura 2000- Netzwerks.
Weitere Infos: www.life-riverscape-lower-inn.eu
Das Projekt „Durchgängigkeit und Lebensraum“ rund um das Innkraftwerk Ering-Frauenstein wurde in den Jahren 2018 bis 2020 durch die Innwerk AG umgesetzt. Es setzt sich aus mehreren Bestandteilen zusammen:
Das neue Umgehungsgewässer ermöglicht Wasserlebewesen eine ungehinderte Wanderung am Innkraftwerk vorbei. Über seinen 2,6 km langen Verlauf überwindet es die Höhendifferenz von rund zehn Metern zwischen Ober- und Unterwasser des Kraftwerks. Tiefstellen, Kiesbänke und Flachwasserzonen bieten den Fischen wertvolle Gewässerlebensräume und Laichplätze.
Mehr Dynamik in der Aue: Seit der Flussbegradigung und dem Bau von Dämmen sind die Auwälder vom Inn abgeschnitten – und verloren dadurch weitgehend ihre typischen Wasserspiegelschwankungen. Diese werden jetzt wieder möglich: Gesteuerte Anbindungen an das Umgehungsgewässer erlauben im Jahresverlauf schwankende Wasserstände und verbessern auch die Anbindung der Aue an den Inn. Fischarten wie Laube, Brachse, Aitel, Schied und Nerfling finden so wertvolle Laichplätze und attraktive Lebensräume für Jungfische vor.
Mehr Vielfalt flussab des Kraftwerks: Auch unterhalb des Kraftwerks entstehen für den Inn typische Lebensräume wieder neu: flache Kiesufer und junge Weichholzauen. Dafür wurden auf einer Länge von zwei Kilometern ein breiter, ganzjährig durchströmter Seitenarm, eine große Flussinsel sowie ein einseitig angebundener Nebenarm geschaffen. Neben strömungsliebenden Fischen profitieren Biber, Fischotter, Eisvogel und Wasservögel ebenso wie Libellen, Reptilien, Laufkäfer und typische Pflanzen. Nicht zuletzt wird die Flusslandschaft so auch für den Menschen unmittelbar erlebbar.
In einem EU-geförderten LIFE-Projekt wurden von 1999 bis 2002 zahlreiche Renaturierungsmaßnahmen verwirklicht - von der Öffnung des Leitdamms in der Hagenauer Bucht über den Ankauf und die Pflege wertvoller Flächen bis zur Anlage neuer Biotope. So wurde bei Eglsee (Gemeinde Ering) aus ehemaligen Maisäckern eine vielfältige Biotopfläche auf etwa sieben Hektar entwickelt: Der nährstoffreiche Oberboden wurde abgetragen, Tümpel und Bodensenken ausgehoben und artenreiche Wiesen angelegt. Je nach genauem Standort ist deren Ausprägung unterschiedlich: Auf sandig-kiesigen Rücken gedeihen Kalk-Trockenrasen, auf etwas weniger trockenen Böden artenreiche Flachland-Mähwiesen und an feuchteren Stellen Streuwiesen, die an den Tümpel-Rändern zu Röhrichten übergehen. Die Flächen auf dem sogenannten „Biotopacker“ werden regelmäßig gemäht, um die Artenvielfalt zu erhalten. Diese kann zum Beispiel bei einem Spaziergang zwischen dem Vogelbeobachtungsturm ("Erlebnis Vogelwelt") und dem Naturium in Ering prima bestaunt werden.
Den Inn als Lebensader für Mensch und Natur zu stärken, ist das Ziel des länderübergreifenden Projektes INNsieme connect.
Der Inn ist einer der mächtigsten Alpenflüsse. Er beginnt seine 517 km lange Reise auf dem Schweizer Maloja-Pass im Engadin und fließt durch das Tiroler Inntal in Österreich bis zu seiner Mündung im deutschen Passau in die Donau. Vielerorts in ein enges Korsett aus Dämmen gedrängt, sind seine einstigen lebendigen Ufer mehr und mehr verloren gegangen. Ehemals weit verbreitete Arten wie z. B. Äsche, Flussregenpfeifer, verschiedene Pionierpflanzen, Heuschreckenarten und Amphibien, sind dabei fast verschwunden. Nur noch acht Prozent der Flussstrecken des Inn sind in naturnahem Zustand erhalten.
Insieme ist italienisch und bedeutet gemeinsam – INNsieme connect ist eine Fortsetzung des bereits in den Jahren 2019-2022 erfolgreich durchgeführten Projektes INNsieme, unter dem die Anrainerländer des Inn: Schweiz, Österreich und Bayern gemeinsam ein Netzwerk für den Schutz des Inn bildeten. In der Fortführung hat sich das Projekt INNsieme connect zum Ziel gesetzt, flusstypische Lebensräume wie Kiesbänke, Auwälder mit Tümpeln, Inseln und Sandbänke sowie deren Vernetzung, durch gezielte Artenschutzmaßnahmen für gefährdete Arten zu realisieren. Neun Maßnahmen zur Optimierung eines naturnahen Geschiebe- und Sedimenthaushaltes sowie weitere Renaturierungen sollen u. a. im Projektzeitraum geplant werden.
Zu den weiteren Artenschutzmaßnahmen zählen regelmäßiges Monitoring, Besucherlenkung und Wiederansiedlung gefährdeter Arten. Durch umfassende Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit wird ein Netzwerk an interessierten Menschen geschaffen, das sich langfristig für den Naturlebensraum Inn einsetzen und an Erhaltungsmaßnahmen mitwirken wird.
Projektlaufzeit: Juli 2023 – Juni 2026
Projektbudget: rund 1,8 Mio €
Kofinanzierung: Interreg Bayern-Österreich 2021-2027, Land Tirol Abteilung Umweltschutz und Tiroler Fischereiverband.
Langtitel: Verbesserung der Biodiversität und Wiederherstellung eines lebendigen Inn durch integrierte Pilotmaßnahmen.
Projektpartner: WWF Österreich, Verein Natopia, Naturium am Inn mit dem Landkreis Rottal-Inn, Technische Universität München Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie und die VERBUND Innkraftwerke GmbH, Österreichisch Bayerische Innkraftwerke AG und Innkraftwerk AG.
Weitere Informationen:
Drei Länder – ein Fluss: das ist INNsieme connect.
https://www.innsieme.org/innsieme-connect/
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